Hilfe, mein Kind hat eine Münze verschluckt!

Erstmal ruhig bleiben, denn jede Aufregung überträgt sich sofort auch auf das Kind. Nun gilt es erstmal zu klären: Welche Art von Münze, welche Größe, welche Währung wurde verschluckt? Ist die Münze tatsächlich verschluckt worden oder hängt sie noch irgendwo im Hals (dies wäre weitaus gefährlicher). Ist das Kind alt genug, um der Aussage Glauben schenken zu können?

Es gibt ja für praktisch jedes erdenkliche Thema Wissenschaftler*innen, die dazu entsprechende Studien durchführen. Und somit habe ich mich auf die Suche gemacht.

Gemäß meiner Recherche kommt es beim Verschlucken von Münzen offenbar maßgeblich auf die Währung an. Und da können wir im Euro-Land bereits erleichtert aufatmen. Dazu gleich mehr.

Amerikanische Pennies

Anders sieht es hingegen mit den US-Amerikanischen Münzen aus. Abhängig vom Prägejahr enthalten diese entweder hohe Kupfer-Anteile (geprägt vor 1982) oder hohe Zink-Anteile (Prägedatum nach 1982). Die nach 1982 geprägten Münzen haben aus Kostengründen keine Massivkupferlegierung mehr (95% Kupfer) sondern einen Zinkkern mit dünner Kupferschale. Diese Kupferschale wird jedoch durch die Magensäure abgelöst. Dies führt innerhalb von 1-2 Tagen zu sehr scharfen Kanten, die in Folge zu einer Verletzung der Magen/Darm-Schleimhaut bis hin zu einem lebensbedrohlichen Riss führen können.

Nach dem Verschlucken amerikanischer „Pennies“ sollte somit nicht der natürlich Verlauf, also das Ausscheiden mit dem Stuhl abgewartet werden sondern die Münze so schnell wie möglich im Krankenhaus geborgen werden (Quelle: O´Hara SM et al. Radiology 1999).

Euro-Münzen

Eine Münchner Arbeitsgruppe machte sich im Jahre 2002 im Zuge der Euro-Einführung die Mühe, alle im damals ausgehändigten „Euro-Starter-Kit“ enthaltenen Münzen über 7 Tage lang in 0,15 molare Salzsäure zu legen. Dies entspricht der Konzentration der Magensäure.

Anders als bei den US-Amerikanischen Münzen zeigten sich in anschließenden Röntgen-Kontrollen kaum Folgen von Korrosion, also es kam kaum zu einem Herauslösen von Bestandteilen der Münzen. Selbst nach 7 Tagen fanden die Forscher an den Münzen keine scharfen Kanten. Ebenso war die Menge an aus den Münzen herausgelösten Metallen aus toxikologischer Sicht unbedenklich, zumindest so lange nur einzelne Münzen verschluckt werden.

Die Autoren schlussfolgern, dass verschluckte Euromünzen somit problemlos bis zu einer Woche beobachtet werden können (Quelle: Muensterer OJ und Wallner CP. Dtsch Arztebl 2002).

Es verbleibt die etwas lästige Untersuchung des Stuhls.

Und als interessante Nebenbeobachtung: Der hohe Salzsäure-Gehalt der Magensäure verfärbt die verschluckten Münzen grünlich-grau (siehe Abbildung).

Links eine übliche 2-Cent-Münze, rechts im Bild das verschluckte und nach 4 Tagen aus dem Stuhl geborgene 2-Cent-Stück, Bild: Maria Gaiser

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